Die Literaturepoche des Expressionismus (von etwa 1905 bis 1925) ist geprägt durch massive gesellschaftliche Veränderungen. Die Industrialisierung, die zunehmende Verstädterung und schließlich die Katastrophe des Ersten Weltkrieges prägten eine gesamte Genration und deren literarische Ausdrucksmöglichkeiten.
Das Wort „Expressionismus“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „Ausdruckskunst“. Am Anfang der expressionistischen Epoche war die Lyrik eine der Hauptgattungen, aber auch prosaische Texte und Dramen waren wichtige Gattungen. Diese heben sich häufig durch absichtliche Stilbrüche von der Norm ab. Inhaltlich geht es in den expressionistischen Texten um das menschliche Individuum, um das Ende der Welt, den Verlust der Persönlichkeit und, vor dem historischen Hintergrund, auch um Krieg, das Leben in großen Städten und die Arbeit in den riesigen Fabriken, die im Laufe der Industrialisierung entstanden.
Vor allem durch seine Sprache und seine stilistischen Mittel hebt sich der Expressionismus von allen bisherigen Literaturepochen ab. Die expressionistische Sprache ist sehr subjektiv und fällt durch starke Übertreibungen und detaillierte Beschreibungen auf. Beabsichtigte Brüche mit grammatischen und stilistischen Normen sind ein weiteres wichtiges Merkmal der Epoche. Viele Metaphern und eine ausgeprägte Farbsymbolik machen die Sprache der expressionistischen Autoren sehr bildhaft und ausdrucksstark. Den Autoren ging es bei der Verwendung dieser Stilmittel nicht darum, die reale Welt abzubilden, sondern dass, was sie subjektiv von dieser Welt wahrnahmen. Schockierende und verstörende Elemente spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Die Welt wird nicht mehr verklärt und künstlerisch dargestellt, stattdessen entwickelten die Autoren eine Vorliebe für die Darstellung von Krankheit, Tod und Zerfall.
Wichtige Autoren sind zum Beispiel Else Lasker-Schüler, Gottfried Benn, Alfred Döblin, Heinrich Mann und Robert Walser.
Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass der Expressionismus Eingang in die Architektur gefunden hat. An der Stuckleiste und der Zierleiste haben sich Künstler ausgelebt und hier den Stil implementiert, der auch heute noch in vielen Wohnbereichen zu finden ist.
Expressionismus im Film
Filmischer Expressionismus ist ein Phänomen, das sich vornehmlich in Deutschland entwickelte und sich zeitlich in der ersten Hälfte der 1920er Jahre abspielte. Diese Zeit ist in der Filmgeschichte die Stummfilmzeit. Wegen der regionalen Begrenzung wird in der Forschung auch vom „Deutschen Expressionismus“ gesprochen. Vorläufer sind österreichische Filme Ende der 1910er Jahre. Dabei handelt es sich um Literaturverfilmungen, die bereits erste expressionistische Merkmale enthalten: sogenannte „vorexpressionistische Filme“.
Der Expressionismus im Film ist besonders von der expressionistischen Malerei geprägt: eine Beleuchtung, die kontrastreich gestaltet ist und durch hinzu gemalte Schatten noch verstärkt wird. Verzerrte Kulissen, die grotesk anmuten. Die mise-en-scène ist surrealistisch gestaltet und von Symbolen beladen, was starke Stimmungen hervorruft und auf tiefere Bedeutungsebenen verweist.
Charakteristisch ist die Spielweise der Darsteller, die ausgestellt übertrieben und gestisch überzeichnet ist. Diese Spielweise übernimmt sie von ihrem künstlerischen Vorläufer, dem Bühnenexpressionismus. Fehlte es der deutschen Filmindustrie nach dem Ersten Weltkrieg an finanziellen Mitteln, so musste dieser Mangel auf andere Weise aufgefüllt werden. In Deutschland gab es zu dieser Zeit einen starken Willen zum Experimentieren, der filmischen Radikalismus begünstigte.
Der erste Film, den man der expressionistischen Strömung zurechnen kann, war „Die Schlange der Leidenschaft“ aus dem Jahr 1918 von Jakob und Luise Fleck. Er handelt von einem Alptraum im Fieber, durch den der Protagonist geläutert wird.
Größte Filmproduktionsstätte in Deutschland während der Stummfilmzeit waren die UFA-Studios in Potsdam-Babelsberg in Berlin. Aus diesem Grund hielten sich auch unzählige österreichische Schauspieler, Drehbuchautoren und Regisseure in dieser Zeit in Berlin auf und übten Einfluss auf den deutschen Film aus. Prominente Beispiele sind der Regisseur Fritz Lang und die Drehbuchautoren Hans Janowitz und Carl Mayer, aus deren Feder das Drehbuch zu „Das Cabinet“ und „Dr. Caligari“ stammen, erste expressionistische Produktionen aus dem Jahr 1919.
In den Jahren 1920 bis 1925 entstanden die wichtigsten Werke des expressionistischen Films. Hierfür seien als Beispiele genannt: Paul Wegener mit „Der Golem, wie er in die Welt kam“ von 1920, Fritz Lang mit „Dr. Mabuse, der Spieler“ von 1922 und Friedrich Wilhelm Murnau mit „Nosferatu, eine Symphonie des Grauens“, ebenfalls von 1922. Auch in Österreich gab es bedeutende Vertreter des filmischen Expressionismus. Der österreichische Film ist in der Filmwissenschaft allerdings noch nicht genügend erforscht, um hinlängliche Informationen zu verbreiten. Allerdings gelten folgende österreichische Werke als gesichert expressionistisch: „Orlacs Hände“ von Robert Wienes aus dem Jahr 1924 und „Die Stadt ohne Juden“ von Hans Karl Breslauers, ebenfalls aus dem Jahr 1924, ein expressionistischer und gleichzeitig parodistischer Film.